Schwangerschaft und Geburt

“Ich wollte eine selbstbestimmte Geburt”

Nach zwei unschönen Erfahrungen mit der Spitalgeburt, entschied sich die heute von mir interviewte Mama (Name wird auf Wunsch der Interviewten nicht genannt) dazu, ihr drittes Kind zuhause zu gebären. Hausgeburten scheiden immer wieder die Geister, dabei zeigen die Zahlen deutlich, dass diese sicherer und vor allem selbstbestimmte Geburten sind.

Nestwärme: Beim 3. Kind hast Du Dir eine Hausgeburt gewünscht. Warum war Dir das wichtig?
Mama:
Ich hatte zuvor bereits zwei Krankenhausgeburten, die beide leider alles andere als entspannt und selbstbestimmt waren. Ich hatte beide Male das Gefühl, meine Verantwortung für meine Geburten bereits am Eingang abgeben zu müssen. Standard-Venenzugang, regelmässige vaginale Untersuchungen, Medikamentengabe, angeschnallt am CTG, kaum Möglichkeit, mich frei bewegen zu können. Kaum Mitspracherecht.

Dies wollte ich für meine 3. Geburt anders und so habe ich begonnen, mich über Hausgeburten zu informieren und mich mit der Thematik zu beschäftigen. So stand schnell fest, dass es dieses Mal anders werden soll. Frei von unnötigen Eingriffen und selbstbestimmt.

Bild zVg

Hat Deine Frauenärztin Deine Entscheidung unterstützt?
Am Anfang war sie absolut dagegen. Als ich ihr erzählt habe, dass es eine Hausgeburt werden soll, drehte sie sich zu meinem Mann und sagte: «Das werden wir ihr schon noch ausreden!». Mit der Zeit merkte sie, dass es mir ernst ist und ich mich von meiner Entscheidung nicht abbringen lassen werde und hat es schlussendlich auch akzeptiert.

Wie hast Du Dich auf die Geburt vorbereitet?
Ich habe in der Schwangerschaft so viele Informationen darüber zusammengesucht, wie ich nur finden konnte. Viele Geburtsberichte in Hausgeburtsforen gelesen, Studien über Komplikationen rausgesucht und Bücher (Alleingeburt von Sarah Schmid und Meisterin der Geburt von Jobina Schenk) darüber gelesen. Auch Gespräche mit meinen Hebammen haben mir geholfen, mir eine Vorstellung meiner Geburt zu bilden.

Du hattest schon früh starke Wehen, eine Zeit lang wusstest Du nicht, ob Du nicht doch ins Spital musst. Hast Du Dich da begonnen, mit diesem Gedanken anzufreunden?
Mit diesem Gedanken konnte ich mich nie anfreunden. Der Gedanke daran, wieder im Krankenhaus gebären zu müssen, hat mir Angst gemacht. Ich wollte diese Hausgeburt unbedingt.

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Du hast bereits 2 Kinder. Sie schliefen während der Geburt. Wäre es für Dich auch OK gewesen, wenn sie wach und dabei gewesen wären?
Mit dem Grossen (12 Jahre) habe ich über die Hausgeburt gesprochen und ihm die Entscheidung überlassen, ob er dabei sein möchte oder nicht. Was die Kleine (2 Jahre) angeht, haben wir uns die Option offen gelassen. Sie sollte zuhause sein und wenn wir merken, dass es sie überfordert oder sie damit nicht klar kommt, würden wir sie von der Nana oder der Gotta abholen lassen.

Als die Wehen los gingen, waren beide Kinder noch anwesend. Und für mich war es ein schönes Gefühl, all meine Lieben um mich zu haben. Als dann die Zubettgehzeit kam, brachten wir beide ins Bett und so verpassten sie die eigentliche Geburt. Den Grossen haben wir aber danach geweckt, damit er seine kleine Schwester begrüssen konnte.

War Dein Mann von Anfang an einverstanden mit der Hausgeburt?
Als ich mit der Idee ankam, war er erst etwas überrascht. Er hatte Skepsis, was die Sicherheit von unserem Baby und uns anging. Als ich ihm dann aber die Vorteile und alle Fakten, welche ich zu Hausgeburten bereits gesammelt habe, vorlegte und wir auch unser erstes Gespräch mit der Hebamme hatten, fand er die Idee, unser Kind in unserem Heim zur Welt zu bringen, auch schön.

Erzählt hast Du fast keinem davon, gehst jetzt aber offen damit um. Was hast Du für Reaktionen erhalten?
Ganz unterschiedliche. Oft bekomme ich zu hören: «Oh, das ist aber mutig.» oder «Das hätte ich mich nie getraut. Hattest du keine Angst?». Es scheint wohl in den meisten Köpfen verankert zu sein, dass es einfach normal ist, in einem Krankenhaus zu gebären und das zuhause gebären ein erhöhtes Risiko darstellt. Es gibt jedoch auch die andere Seite dazu.

Einige waren zwar überrascht, fanden es aber ganz schön und hätten ihr Kind auch gerne zu Hause zur Welt gebracht, trauten sich dies jedoch nicht zu oder hatten einfach zu viel Angst davor. Ich denke, das liegt daran, dass es noch zu selten vorkommt und somit sich kaum jemand genauer mit der Thematik beschäftigt. Denn diverse Studien zeigen, dass die Anzahl der Komplikationen bzw. die Sterberate von Mutter und Säugling in Krankenhäusern immer noch höher ist, als bei Hausgeburten.

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Als die Geburt losging, warst Du da zu keinem Zeitpunkt unsicher?
Nein. Ich habe mich in der Situation immer sicher und wohl gefühlt. Beide vorhergehenden Krankenhausgeburten waren während der Geburt mit Angst und Stress besetzt. Das stetige Kommen und Gehen diverser Pflegepersonen, Hebammen und Ärzte, Monitore, die stetig piepsen oder plötzlich damit aufhören…

Alles Faktoren, die mich persönlich verängstigt und verunsichert haben. All dies fiel zuhause weg. Ich war in meiner gewohnten Umgebung. Zuhause… da, wo ich mich wohl fühle und gerne bin.

Was war Dir vor und während der Geburt wichtig?
Vor der Geburt bzw. beim Eintreten der ersten ernst zu nehmenden Wehen, habe ich unser Wohnzimmer für die Geburt vorbereitet, mir meine Kuschelecke eingerichtet und die Kerzen aufgestellt. Ich war bereit. Ich wollte diese Geburt ganz aktiv miterleben. Selbst bestimmen und Herr der Lage sein und bleiben.

Die Hebammen sollten nur zur Beobachtung hier sein und einschreiten, wenn sie das Gefühl haben, dem Baby geht es nicht gut oder irgendwelche Komplikationen eintreten. Sie waren sozusagen nur Zuschauer. Als seelische Unterstützung war mein Mann natürlich auch anwesend. Aber auch er durfte nur Zuschauer sein. Alle Interaktionen von aussen hätten mich nur abgelenkt und mich aus meinem «Flow» gebracht. Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Und es war perfekt so.

Hast Du Dich gut unterstützt gefühlt von Deinem Mann und Deinen Hebammen?
Eine aktive Unterstützung im eigentlichen Sinne wollte ich bei dieser Geburt nicht. Ich wollte es alleine schaffen. Aber es gab mir ein gutes Gefühl, mein Mann als seelische und die Hebammen als fachliche Unterstützung dabei zu haben.

Nach der Geburt haben sich die Hebammen irgendwann verabschiedet und Du konntest nicht jederzeit, wie im Spital, um Hilfe rufen. War das nie ein Problem für Dich?
Die Kleine kam abends um ca. 22 Uhr zur Welt und eine Hebamme blieb noch die ganze Nacht über bei uns, um immer mal wieder nach uns zu sehen. Ich hatte ein gutes Gefühl dabei und fühlte mich auch sicher, als sie am Morgen ging. Wären Unsicherheiten oder Fragen aufgetaucht, hätte ich mich jederzeit bei meinen Hebammen melden können und sie wären zur Stelle gewesen. Da es aber mein 3. Kind war, war es ja nicht neu für mich und ich wusste, was alles auf mich zukommen wird.

Wem möchtest Du eine Hausgeburt ans Herz legen?
Ich denke, eine Hausgeburt ist nicht etwas, das man einfach jemandem ans Herz legen kann. Das muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Denn es ist ihre ganz persönliche Geburtsreise. Sie entscheidet, wie sie diese antreten will. Ich kann aber jeder Schwangeren ans Herz legen, sich zumindest die Option offen zu lassen.

Sich darüber Gedanken zu machen, wie sie sich die Geburt ihres Babys vorstellt. Sich einmal mit der Thematik auseinander zu setzen. Und vielleicht verliert sie dann die, meiner Meinung nach unnötige, Angst, dass es ein grösseres Risiko ist, ein Baby zuhause zu gebären, als im Krankenhaus und darf dieselbe, wunderschöne Erfahrung machen, wie ich sie hatte. Eine selbstbestimmte Geburt, ohne unnötige Eingriffe von aussen…

Vielen Dank für das offene Interview und dass wir Eure Bilder verwenden dürfen! 🙂 

Tamara Beck

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