Stoffwindeln

Stoffwindelwoche: Interview mit „Papa wickelt“

Oliver ist besser bekannt als „Papa wickelt“. Unter diesem Pseudonym betreibt er seit einer Weile einen Instagram-Account, dessen Beiträge gerne gelesen und kommentiert werden. Der 34-Jährige lebt mit Frau und Tochter „vor den Toren Kölns“ und arbeitet in der IT. Im fünften Lebensmonat seiner Tochter begann er, mit Stoffwindeln zu wickeln. Das war sogar seine eigene Idee und ist deshalb auch das Hauptthema seines Accounts.

Nestwärme: Hey Papa wickelt, hallo Oliver, wie kam es dazu, dass Du über Stoffwindeln und Euer Leben schreibst?
Oliver aka Papa wickelt: Im Geburtsvorbereitungskurs hatte ich das erste mal eine Bamboozle Stretch in der Hand. Die Haptik hat mir so gut gefallen, dass ich mich direkt schlau machen musste. Ich habe mir dann viel auf Youtube angesehen und im Internet recherchiert. Währenddessen fiel mir auf, dass sich im Grunde nur Frauen für das Thema Stoffwindeln zu interessieren scheinen.

Als ich dann auf den Stoffwindel-Chat aufmerksam gemacht wurde, ist mir auch hier wieder aufgefallen, dass die Männer deutlich in der Unterzahl sind, dafür fragen aber relativ viele Mütter, wie man den eigenen Mann von Stoffwindeln überzeugen und verdeutlichen kann, dass Stoffwindeln im Alltag ganz einfach umgesetzt werden können. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Menschen zu zeigen, dass es jeder machen kann – Oma, Opa, Tante, Kita usw.

Wie konntest Du auch Deine Frau von Stoffwindeln überzeugen?
Ganz am Anfang hatten wir mal ein Testpaket, das war aber überhaupt nicht ansprechend und kam ohne umfassende Erklärung. Unsere Tochter hatte nach ein paar Wochen mit Wegwerfwindeln beinahe ständig einen wunden Po. Deshalb liessen wir sie sehr oft ohne Windeln oder hatten Heilwolle in den Windeln, dass wir sie auch gleich hätten weglassen können. Da das alles sehr unbefriedigend war, haben wir dann auf Stoffwindeln gewechselt und es wurde auch schnell besser.

Du hast viele Fans und Interaktionen mit „Papa wickelt“. Was denkst Du, warum kommst Du gut an?
Gute Frage. Ich glaube, dass überlasse ich meinen Followern, das zu entscheiden.

Wie findet es Deine Frau, dass Du damit in der „Stoffwindel-Szene“ recht bekannt bist?
Ich weiss nicht, ob man das so sagen kann, aber sie sieht es relativ gelassen. Bisher nerv‘ ich sie nicht damit, Fotos zu machen. Sie ist auf jeden Fall überrascht, dass sich Leute für das interessieren, was ich schreibe 😉 Papa wickelt

Ich werde schon mal schräg angesehen

Was sagt Dein Umfeld zum Thema? Wirst Du für einen „Öko“ gehalten?
Ich werde schon mal schräg angesehen, erstmal von Mamas, die sich dafür interessieren und von der Arbeit mit Stoffwindeln zurückschrecken. Männer scheinen eher ein grundsätzliches Problem mit den Ausscheidungen selber zu haben. Die sorgen sich immer ums „Kaka“ und denken, sie hätten dann schmutzige Kleider an auf der Arbeit. Wir selber halten uns nicht für Ökos. Wir tun unser möglichstes, ein nachhaltiges Leben zu führen, aber das ist nicht immer so einfach. Jedenfalls hatten wir letztens eine Bekannte hier, die sagte „wie, Ihr seid doch so öko?„, also vielleicht meinen es gewisse. Wir machen einfach viele Dinge so, wie sich gut für uns anfühlen. Papa wickelt

Wie viel Stoffwindeln habt Ihr?
Och Gott, da muss ich kurz drüber nachdenken: Also 8 Totsbots, bestimmt nochmal so viele Bumgenius FLIP Überhosen, 2 Überhosen von Milovia, 2 PUL-Schlupfüberhosen von Petit Lulu, 2 G-Diapers in der Grösse M, 2 Culla di Teddy, 10-15 AIOs von Bambino Mio, hauptsächlich für die Kita, Thirsties, eine Bumgenius AIO, mittlerweile 5 Trainer und diverse Höschenwindeln, Einlagen, und etwa 50 von den beliebten Waschlappen des schwedischen Möbelhauses :). Das klingt irgendwie viel, wirkt aber nicht so auf uns. Man hört dass manche so rund 100 haben. Normalerweise ist die Schublade der Wickelkommode aber sehr leer… das sich die Stoffwindeln über die Wohnung, Waschkeller, Trockenraum und Kita verteilen.

Ach, ich glaub‘, ich hab‘ keine Lieblingswindel, ich mag sie alle!

Hast Du eine Lieblingswindel?
Ich mochte früher die G-Diapers gar nicht, habe sie aber mit der Zeit lieben gelernt. Es bedarf etwas mehr Aufmerksamkeit weil sie bei falschem Sitz schnell nass wird, aber die Bewegungs- und Beinfreiheit finde ich sehr interessant und passt am besten für unseren Zwerg. Aktuell sind wir von der Passform her sehr begeistert von der Windelzauberland Pocket. Ich glaub‘ die All-in-3-Systeme mag ich generell. Ach, ich glaub‘, ich hab‘ keine Lieblingswindel, ich mag sie alle!

Gibt es noch andere nachhaltige Themen bei Euch?
Meine Eltern haben schon immer drauf geachtet, dass wir wenig wegschmeissen, wohinter eher ein ökonomischer Gedanke steht, was aber nicht zwingend falsch ist, das hängt ja auch zusammen. Meine Frau und ich achten darauf, das Wasser nicht nötig laufen zu lassen, den Strom nicht zu lange an zu lassen, viel zu Fuss zu gehen. Wir sind es aber leider vom Dorfleben her gewohnt, viel Auto zu fahren. Zur Arbeit nutze ich den öV. Zuletzt haben wir uns Netze gekauft, um beim Einkauf Plastik einzusparen.

Wie habt Ihr Euch die Erziehungs- und Erwerbsarbeit aufgeteilt?
Grundsätzlich bin ich der Hauptverdiener weil ich damals mehr Geld verdient habe als meine Frau. Zum anderen wollte sie stillen und war darum anfangs mehr zuhause. Jetzt arbeitet sie an 5 Tagen die Woche von 8-12 Uhr, währenddessen ist der Zwerg in der Kita. Ich mache 3 Tage Home Office und bin 2 Tage auf Arbeit, alles andere teilen wir uns so gut es geht auf. Der eine macht mal mehr als der andere, aber meistens sind wir uns einig und es gleicht sich gut aus. Wir versuchen, darauf zu achten, dass sich niemand zu stark einschränken muss.

Es wäre schön, komplett unabhängig vom Arbeitsplatz arbeiten zu können.

Wie funktioniert das Home Office bei Dir?
Meine Frau steht auf, macht sich fertig und macht Brotzeit für sich und den Zwerg; ich stehe später auf, mache den Zwerg fertig und meine Frau bringt ihn dann zur Kita und holt ihn meistens auch ab. Ich koche das Mittagessen, danach geh‘ ich wieder arbeiten. Wenn der Zwerg den ganzen Tag zuhause ist, kann man nicht wirklich arbeiten. Ich kann mal E-Mails schreiben oder kleinere Aufgaben erledigen, aber nicht zwei Stunden konzentriert arbeiten. Vieles mache ich also wenn der Zwerg im Bett ist oder ich fange später, also erst mittags, an, wenn meine Frau heim kommt.

Du schreibst offen, dass es Dir an den beiden Tagen, an denen Du zur Arbeit ausser Haus musst, schwer fällt, Dich von Deiner Familie zu trennen? Was würdest Du Dir wünschen?
Einen Teilzeit-Job 😉 Nein, manchmal ist es auch ein bisschen Urlaub von zuhause, man ist raus, sieht andere Leute. Aber wenn genau an dem Tag, an dem Du in der Woche zum Arbeiten weg bist, dein Kind den ersten Schritt macht, ist das natürlich ärgerlich. Grundsätzlich fällt es mir leichter wenn der Zwerg in der Kita ist, weil ich dann eh nichts mit ihm machen kann.

In der Utopie wäre es schön, wenn das Kind bei einem wäre, wenn man arbeitet, aber ich halte das für wenig praktikabel weil man dem Kind dann auch nicht die Aufmerksamkeit schenken kann, die es verdient. Da ist es in der betreuten Tagesstätte besser aufgehoben. Schön wäre es trotzdem, komplett unabhängig vom Arbeitsort arbeiten zu können.

Home Office mit Kind ist ein Gewissenskonflikt

Hast Du noch weitere Gedanken zum Thema Vereinbarkeit?
Die Gesellschaft sollte nicht pauschal davon ausgehen, dass eine Frau zuhause sein muss, es macht einfach in den ersten Lebensmonaten Sinn, wenn die Frau voll stillt. Grundsätzlich sollte es jedem frei gestellt sein. Ich sehe nur immer so viele Frauen, die auf der Emanzipation rumreiten, was durchaus seine Berechtigung hat, aber man sollte dann nicht die Frauen verurteilen, denen es Spass macht, das Kind zuhause zu betreuen. Wir haben ein Eltern-Kind-Büro auf der Arbeit, was ich sicherlich mal ausprobieren werde wenn der Zwerg grösser ist, aber im Endeffekt ist das wie Home Office, nur, dass das Kind bei der Arbeit ist. Es ist dann nur wieder ein Gewissenskonflikt: wenn ich arbeite, kann ich das Kind nicht betreuen und umgekehrt.

Wo siehst Du Euch in 5 Jahren?
Soweit denke ich gar nicht. Vielleicht leben wir dann in einem Haus, wobei ich das bei den aktuellen Bau- und Grundstückspreisen nicht glaube. Ich werde wahrscheinlich an einem anderen Ort arbeiten, was unsere generelle Situation noch einmal umwerfen wird, da wir dann vermutlich umziehen müssen. Ein Geschwisterchen wäre nett, mal gucken, wann das passiert. 😉 Im Grunde wünsche ich uns nur, dass wir auch in 5 Jahren noch gesund und glücklich sind.

Vielen Dank für das tolle Interview, Oliver! 🙂

Lest mehr über Stoffwindeln hier, inkl. Vor- und Nachteile, Waschen & Trocknen sowie Reviews der bekanntesten Marken. Weiterführendes zum Thema sowie Tipps für gute Shops für Stoffwindeln finder Ihr in meiner Linksammlung – viel Spass! Und bei Fragen gerne melden! 😉

Fotos zur Verfügung gestellt von Oliver/Papa wickelt

Die Stoffwindeln, die Papa wickelt verwendet, könnt Ihr z.B. hier erstehen (Affiliate-Link)

 

Tamara Beck

View Comments

  • Spannend,kenne mich mit Stoffwindeln gar nicht aus...Aber wäre eigentlich ganz interessant,mal schauen:-)
    Tolles Interview??

    • Danke Dir, liebe Heidi! :) Ja, für mich lohnt es sich, jetzt beim 2. Stoffikind sowieso, vor allem wegen dem Abfall, das hat mich immer gestört...

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