Attachment Parenting

Attachment Parenting und ich

Aufgrund eines aktuellen Zeitungsartikels, der Attachment Parenting (AP) zum Sündebock macht, weil Eltern sich angeblich im Namen von AP “selbst aufgeben” und “nur noch die Bedürfnisse ihrer Kinder wahr nehmen und befriedigen”, rief Susanne Mierau (Geborgen Wachsen, Autorin & Bloggerin) zu einer Blogparade auf, für die ich gerne meine Meinung beisteuere…

Nun, ich versteh’ den Aufruhr ehrlich gesagt überhaupt nicht. Ich habe Attachment Parenting, die bindungsorientierte Elternschaft, leider erst beim 2. Kind “entdeckt“, aber ab dann war alles einfacher! Und das hängt mir bis heute nach, dass ich es beim 1. Kind noch nicht “besser wusste“. Er weinte im Kindergarten, er weinte im Bett.

Nein, allein liessen wir ihn nicht, aber wir, ich, handelte komplett gegen meinen Instinkt, das Kind hoch zu nehmen. Ja, noch heute glaube ich, dass alles besser wäre, hätte ich AP gekannt. Gestillt habe ich, immerhin.

Aber nach 9 Monaten stillte ich ab weil ich plötzlich wieder einen blutenden Riss auf der Brustwarze hatte (nein, er zahnte noch nicht). Meine Hebamme riet mir dazu, das noch häufige Stillen drastisch zu reduzieren. Auch das tut mir bis heute enorm leid. Nicht wegen ihm, wegen mir. Wegen uns allen.

Das Bedürfnis nach Nähe

Die Bindung ist das eine, diese Nähe des Stillens, die einzige Nähe, die wir hatten, da mein Sohn ein richtiger Weltentdecker war, der sich keine 5 Sekunden bei mir ausruhen konnte bevor er wieder los musste. Kuscheln, das kam erst nach Jahren. Dieses Bedürfnis nach körperlicher Nähe, das offenbar nur mir fehlte.

ABER: nach dem Abstillen bis zum Kindergarten-Eintritt mit beinahe 4,5 Jahren mussten mein Mann und ich uns abwechseln mit Schoppen machen. Nächtelang. Nie nur einer, oft mehrere. Immer diese Milch warm machen, immer aufstehen und in die Küche… Stillen wäre so viel einfacher gewesen.

Und Tragen und in den Schlaf begleiten hätte uns auch vieles erspart. Und schreien lassen war keine 10 Minuten lang eine Alternative, die wir auch getestet haben.

Braucht AP einen Warnhinweis!?

Und jetzt kommen da diverse Mütter und schreiben, wie sie sich selbst aufgaben durch AP, wie sie sich fertig gemacht haben oder dass sie es für “gefährlich” halten. Was für eine Aussage! Es entscheidet doch jeder selber, welche Ratschläge er annimmt und umsetzt, wie er mit seinem Kind umgeht. Es hat keiner behauptet, es wäre einfach, Kinder zu haben.

Und jedes Kind ist anders. Wer sagt denn, dass, wer nicht “nach Schema AP” vorgeht, nicht allein ist? Nicht müde? Dass er sein Kind schreien lässt? Dass er es ständig in andere Hände gibt, weil er kann. (Kann er vielleicht nicht, muss ja jemand da sein, ne?) Und wer sagt denn, dass eine Stillmama das nicht kann (schon mal von einer Milchpumpe gehört)?

Auch sehe ich AP null als Konkurrenzkampf darüber, wer länger stillt, schneller durchschläft oder was der Geier… Mommy Wars sind auch ohne AP ein Begriff, der nicht aus den Köpfen zu kriegen ist und da muss wirklich jede selber entscheiden, ob sie sich das antut oder nicht. Man kann da auch drüber stehen. Ich tu’s.

Es sind die Umstände…

Es tut mir ja leid für die eine oder andere Autorin, wenn sie das Ganze als anstrengend empfand. Das tat ich auch, obwohl ich, beim ersten Kind, ganz anders handelte als sie. Das liegt aber an den Umständen, bei beiden. Wenig Unterstützung im Umfeld, ein Kind, das eben starke Bedürfnisse hat(te).

Ganz schlimm fand ich den letzten Satz im einen Artikel, den ich hier auf keinen Fall verlinken werde: dass sie der Mama, die mit Baby in der Trage daher läuft, eine Zigarette anbietet. Und die wird dann dankend angenommen. Das ist für mich unter aller Kanone.

Ganz abgesehen davon, dass ich ein Rauch-Trauma habe, das mich bis heute tief ins Mark erschüttert, hätte sie um Himmels Willen das Baby weit weg legen können, bevor sie sich den Sargnagel gab. Dieser letzte Satz des Artikels brachte mich fast zum Kotzen. Aber eben, da bin ich vorbelastet, traumatisiert. Sorry!

Aber zurück zum Thema: gebe ich mich auf weil ich eine bindungsorientierte Mama bin? Nicht die Bohne! Ich hab’ meine Hände frei, um fast alles zu tun und lassen, was ich will. Auf Berge steigen z.B. Meinen Job zu machen. Ich gehe abends auch mal zum Sport weil der Papa prima die Kleine für 1,5h nehmen kann. Ich gewöhne sie mit 7 Monaten in der Kita ein – bindungsorientiert (ja, das geht). Ja, ich brauche Zeit – zum Arbeiten und für mich. Und die nehme ich mir.

Die richtige Einstellung macht viel aus

Nicht zuletzt ist das Ganze doch auch eine Einstellungssache. Man akzeptiert, dass Kinder einem eine Zeit lang intensiv brauchen, im Wissen, dass diese Zeit endlich (und, relativ gesehen, sehr kurz) ist. Und schon ist vieles ganz selbstverständlich. Meine Maus, die Grosse, war ein richtiges Mama-Kind.

Ich habe sicher 2 Jahre lang das Haus abends kaum verlassen weil sie nur mit mir einschlief (stillend). Hätte ich das ändern können? Vermutlich. Aber ich wollte gar nicht. Es war OK für mich. Ich entschied mich auch dazu, sie so lange zu stillen, wie sie wollte, weshalb sie erst mit etwa 2,5 Jahren zum ersten Mal auswärts schlief (was prima klappte – wir stillten danach problemlos weiter). Und ich trug sie sehr lange – und habe es genossen.

Also, liebe Autorinnen/Mütter: nehmt AP nicht als Sündenbock her. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied… Niemand hat je AP mit Selbstaufgabe gleichgesetzt. Im Gegenteil. Gerade Sears, der “Vater” von AP, hat betont, wie wichtig es ist, dass es auch den Eltern gut geht… und das habt Ihr tatsächlich alle selbst in der Hand – egal ob mit oder ohne AP.

Tamara Beck

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