Rita Messmer ist in der westlichen Welt eine Pionierin in Sachen “windelfrei“. Seit 30 Jahren beschäftigt sie sich mit dem Thema. Die aktuelle Entwicklung in punkto Windeln gibt ihr jedoch immer mehr Anlass zur Sorge. Im Interview erzählt sie, warum.
Nestwärme: Liebe Rita, welche Erfahrungen hast Du in der Vergangenheit in Deiner therapeutischen Praxis-Arbeit mit Kindern und Windeln gemacht und womit begründest Du die aktuellen Entwicklungen?
Rita Messmer: Ich sehe, dass mannigfaltige Entwicklungsstörungen durch unsere Windel-Praxis entstanden sind: Jedes Baby hat von Anfang an die Fähigkeit, seine Ausscheidungen an einem anderen Ort als an seinem eigenen Körper auszuscheiden! Dieser Entwicklungsschritt ist biologisch angelegt. Jeder Entwicklungsbiologe weiss: Je früher ein Entwicklungsschritt in Erscheinung tritt, desto wichtiger ist er für das jeweilige Individuum. Die Biologie ist darauf angewiesen, dass dieser Vorgang im Gehirn vernetzt und geprägt wird, damit die biochemische Steuerung entsprechend ihre Funktionen übernehmen kann. Entwicklungsbiologen wissen, dass schon kleinste Eingriffe in diesem Zeitfenster Irritationen auslösen können. Durch unsere Windel-Praxis bekommt dieser wichtige Entwicklungsschritt eine falsche Prägung/Konditionierung…
Rita, du giltst hier als die Urheberin der frühen Reinlichkeit bei Säuglingen, heute unter der Windelfrei-Methode bekannt. Wie schätzt Du die Akzeptanz u/o die Bekanntheit heute ein im Vergleich zu damals?
Ganz am Anfang hat mir niemand geglaubt. Ich wurde angefeindet, verunglimpft. Aber Ich habe damals sehr viele Kurse gegeben. Ich habe für die Elternschule im Rheintal und an der Migros Klubschule in St. Gallen Pädagogik- und Babymassage-Kurse geleitet. So konnte ich die Eltern/Mütter entsprechend abholen. Gerade in den Babymassage-Kursen waren die Babys meistens unter drei Monate alt.
Ich habe gesagt: Ihr müsst mir nichts glauben, probiert es einfach mal aus. Nach einer Woche kamen alle begeistert zurück und sagten, es habe tatsächlich geklappt. Der nächste Schritt war dann viel schwieriger! Das Umfeld: Viele machten es für sich zuhause, aber sprachen nicht darüber, weil sie merkten, auf welchen Widerstand sie damit trafen. Oft waren sogar die eigenen Männer dagegen und viele Frauen mochten sich nicht durchsetzen.
Heute ist das jedoch anders. Jeder hat irgendwie, irgendwann schon mal davon gehört oder gelesen. Aber die meisten Mütter sagen nach wie vor, dass ihr Umfeld irritiert reagiert, wenn sie in der Öffentlichkeit mit dem Baby zur Toilette gehen oder es abhalten: Entweder werden sie bestaunt oder verunglimpft, aber als normal, als das Natürlichste, so wird es noch lange nicht gesehen.
Das hat mehrere Gründe. Die Medizin besteht auf ihrem Standpunkt, dass Babys das nicht können. Remo Largo hat in den 70er Jahren Studien durchgeführt, die zeigten, dass kein Unterschied bestehe zwischen einem Kleinkind, das man auf den Topf setzt, und einem Kleinkind, das ausschliesslich mit Windeln gewickelt wird. Beide würden zur gleichen Zeit trocken. Diese Studien haben in die Medizin Einzug gehalten und daran wird nach wie vor festgehalten. Man hat damals mit der „Reinlichkeitserziehung“ frühestens begonnen, wenn das Kind sitzen konnte.
Dann kommt dazu, dass man über die frühkindliche Entwicklung wenig Bescheid wusste. Es gibt noch heute fast kaum Lehrstühle dazu; die Schweiz hat keinen. Lange Zeit gingen Wissenschaftler auch davon aus, dass Neugeborene keinerlei Gespür für die Welt verfügen. Diesbezüglich hat Remo Largo gute Arbeit geleistet.
Viele Eltern haben früher Druck auf ihre Kinder, gerade auch in der Reinlichkeits-Erziehung, ausgeübt, und das hat sich negativ auf ihre Entwicklung ausgewirkt. Mit der Behauptung, dass bis zu einem gewissen Alter ein Kleinkind das noch gar nicht kann, wollte man verhindern, dass Eltern ihre Kinder forcieren.
Viele Eltern sagen heutzutage, dass das Kind den Zeitpunkt des trocken werdens bestimmen sollte, man ihm Zeit geben wolle und es nicht frühzeitig drängen. Ein Teil der Kinder wird dann auch von heute auf morgen oder innert kürzester Zeit aus eigenem Ansporn trocken. Manche jedoch zeigen bis zum Kindergarten-Eintritt kein Interesse daran und die Eltern haben grosse Mühe, die Windel abzugewöhnen. Warum hältst Du diese Entwicklung für bedenklich?
Ja, das ist jetzt eben ein entscheidender Punkt, an dem heute viele Eltern einen Fehler machen. Die wenigsten Eltern wissen, dass wir ein soziales Nervensystem haben und wie dieses funktioniert. Aber wir sind nun mal soziale Wesen und wir könnten allein gar nicht überleben. Unser Überleben hängt ganz klar von anderen ab – in erster Linie von den Eltern. Es gehört ebenso zum Bedürfnis eines Babys/Kleinkindes, geführt zu werden. Von allen Bedürfnissen ist das in meinen Augen das wichtigste.
Warum?
Was hat das nun mit dem trocken werden zu tun?
Die meisten Windelfrei-Mütter nützen die biologischen Anlagen und halten das Baby ab, was bei den meisten gut funktioniert. Jetzt übernehmen sie aber keine Führung. Das heisst, sie belassen die Führung beim Kind, in der fälschlichen Annahme, das Kind bestimmen zu lassen. Aber weil es sich bei der Reinlichkeits-Erziehung auch um ein soziales Geschehen handelt – man pieselt weder auf den Boden noch aufs Sofa, sondern dieses Ergebnis gehört ganz klar an einen speziellen Ort: Das kann der Topf oder das Klo sein – muss das Kind diesbezüglich geführt und angeleitet werden.
Was heisst das konkret?
Anfänglich ist der Topf sicher sinnvoller, denn ich sollte bei allem, was das Kind selber kann, ihm die Verantwortung dafür übergeben. Also sobald das Kind kriechen kann, kann/soll es selbständig zum Topf kriechen. Das ist von ihm das Signal, dass es nun muss. Ich helfe nur noch, die Höschen runter zu ziehen und beim drauf sitzen – also immer nur so viel, wie absolut nötig. Von diesem Moment an lasse ich auch jede Windel weg. Beim ersten Mal wird das Kind höchst wahrscheinlich in die Hosen pieseln. Es spürt die Nässe und weiss nicht, was jetzt passiert ist. Es wird unsicher und vielleicht sogar anfangen zu weinen – auf jeden Fall wird es mich fragend anschauen.
Wie reagierst Du?
Nun, um nochmals auf deine Frage zurückzukommen: Diese Kinder, die kein Interesse zeigen, wurden nicht über das SN abgeholt, man hat sie nicht geführt, in der Meinung, damit das Richtige zu tun. Das Kind ist jetzt auf die Windel konditioniert, es kennt nichts anderes. Vom ersten Lebenstag an hat es seine Ausscheidungen in eine Windel verrichtet. Sein Gehirn sagt ihm, das gehört in die Windel. So funktioniert unsere Physiologie. Man spricht hier von Prägung oder Konditionierung. Und es ist eigentlich logisch, dass sich das Kind so verhält.
Trotzdem schaffen es manche von selbst, die Windel abzulegen…
Wieso Kinder trotz Windeln den Weg zum sauber werden schaffen, müsste man in jedem Einzelfall prüfen: Oft, wenn ich von den Eltern mehr Infos habe, kann ich erklären, wieso es trotz allem funktioniert hat. Geschwister, das Umfeld usw. spielt alles eine Rolle. Und vermutlich gibt es auch Kinder, die einfach nicht in ihren Ausscheidung sein wollen, denn das ist ja ein biologisches Bedürfnis. Diese Kinder wären, hätte man sie abgehalten, sicher auch schon viel früher sauber geworden.
Das ist eine gute Frage! Trotzdem würde ich sagen, so bald wie möglich. Denn wenn die Kinder nicht in der dafür vorgesehenen sensiblen Phase auf dem biologischen Weg stimuliert werden, muss man sie über das SN abholen, und je eher das geschieht, desto besser.
Wie gehst Du dabei vor?
Die Vorgehensweise ist durchaus ähnlich. Ich halte das Baby/Kleinkind nach dem Schlafen ab, wenn ich eh die Windel wechsle, wenn ich sehe, dass es drückt (Stuhlgang) oder nach Gefühl. Sobald das Kind sitzen kann, halte ich es nicht mehr ab, sondern setze es auf den Topf. Damit bekommt es eine gewisse Autonomie. Ich zeige also ganz klar, was ich von ihm erwarte, dies aber ohne jeglichen Druck. Das sind zwei völlig verschiedene Punkte, die es klar zu unterscheiden gilt. Denn Eltern, die sich selbst unter Druck setzen oder unsicher sind, sind sicher kontraproduktiver als Eltern, die diesen Weg gehen.
Man muss keine Medaillen gewinnen.
Was, wenn es partout nicht klappen will? Später erneut einen Versuch starten?
Oh ja! Je gelassener man mit der ganzen Angelegenheit umgeht, desto besser für einen selber und fürs Kind. Man muss keine Medaillen gewinnen. Kreativität und auch Humor sind in der Kindererziehung immer gute Ratgeber. Wenn der Fokus zu stark auf ein Ziel gerichtet ist, dann kann es leicht schiefgehen. Also durchaus dabei singen, pfeifen, schmunzeln.
Gibt es eine Art „magische Grenze“, nach dieser es immer schwerer werden kann, das Kind ans Töpfchen/die Toilette zu gewöhnen?
Ja, durchaus. Je länger das Kind gelernt hat, seine Ausscheidungen in eine Windel zu verrichten, desto mehr sagt ihm sein Gehirn: das ist der Ort, wo es hingehört. Und desto schwieriger wird es und desto mehr Aufwand braucht es, das Kind etwas anderes zu lehren. Wenn du mit Deutsch aufgewachsen bist, kannst du nicht plötzlich Spanisch sprechen. Und dieser Vergleich hinkt nicht!
Du hast erwähnt, dass Du im Gespräch mit Grossverteilern etc. bist, um mehr auf das Thema Trocken werden zu sensibilisieren. Kannst Du darüber berichten?
Ja, die Migros hat mich ernst genommen. Sie hat mich eingeladen und ich habe Ihnen die Problematik aufgezeigt. Wobei die Verantwortlichen sich selber bereits bewusst waren, dass da etwas schief läuft. Denn niemand kennt die Verkaufszahlen besser als der Konzern selber: Sie sehen, wie viele Windeln sie zu welchem Alter verkaufen, und diese Zahlen sind alarmierend: Windeln für 12-15-Jährige. Die Migros ist übrigens der einzige Konzern, der auf ihrer Eigenmarke bei Nr. 6 einen Jugendlichen abbildet! Das Bild eines hübschen Jugendlichen auf einer Windel-Packung – mir ist buchstäblich schlecht geworden.
Plant die Migros da, zu handeln?
Die Migros wird also auf diesen Frühling zwei Produkte in die Filialen bringen: ein Trainer-Höschen, das ein Pipi auffängt, aber das Kind die Nässe spüren lässt, und Splitpants, wie sie seit Jahrhunderten in China benutzt werden. Sie sind daran interessiert, auch Stoffwindeln ins Sortiment aufzunehmen, da sind wir im Moment im Gespräch. Da gibt es ein junges Start-up-Unternehmen in Berlin, das hervorragende Arbeit leistet: https://foxy-baby.de
Das finde ich grandios! Stoffwindeln sollten endlich mehr Beachtung finden! Ich selber würde gerne einen Windel-Gutschein für den Kauf von Stoffwindeln für frischgebackene Eltern realisieren, stosse aber nicht wirklich auf offene Ohren… Was möchtest Du noch zum Windel-Thema sagen?
Was mir jetzt noch ganz wichtig ist: Ich befasse mich ja seit 30 Jahren mit diesem Thema. Und ich habe einen starken Bezug zu traditionellen und indigenen Kulturen. Was ich beobachte: Procter & Gamble (Pampers) unternimmt alles, um auch in allen Schwellen- und Entwicklungsländern ihre Windeln an die Mütter zu bekommen. In Costa Rica konnte ich beobachten, wie innerhalb eines Jahres die Windeln in den Verkaufsregalen zugenommen haben. Das tut mir bis ins Mark weh. Denn ich weiss, diese Länder haben unsere Windeln nicht nötig.
Sie werden von einer fiesen Werbemaschinerie dazu verleitet, ein Problem zu kreieren, wo keines ist. Ihnen wird suggeriert, so zu sein wie die Weissen, der Westen: Du bist besser, wenn du Windeln für dein Baby brauchst. Schau doch: Alle „Weissen“ brauchen Windeln für ihre Babys, wir helfen dir, wenn du das jetzt auch machst. (Anm. v. Nestwärme: in China dasselbe, dort wird mit dem “golden sleep” durch die Pampers geworben, der dem Kind zu mehr Hirnleistung verhelfen soll…)
Da schreit es in mir: Das darf nicht sein! Wir müssen Verantwortung übernehmen. Und wenn wir diese Entwicklung verhindern wollen, dann geht das nur, wenn wir hier umdenken und für unsere Kinder keine Wegwerf-, sprich Einwegwindeln sondern „Dein Weg-Windeln“ brauchen: Stoff- oder keine Windeln. Sonst haben diese Länder keine Chance. Und merke: Wenn wir jetzt nicht handeln, dann werden diese Windeln nicht in der Kehricht-Verbrennung landen, sondern in der Umwelt und am Ende als Mikroplastik wieder bei uns auf dem Teller.
Immerhin darauf werden die Leute zunehmend sensibilisierter…
Ja! Die Umweltproblematik, sprich der Klimawandel, sollte uns ankurbeln, diesen neuen, anderen Weg zu beschreiten. Drei Prozent unseres Abfalls besteht aus Windeln, Tendenz zunehmend.
Vielen Dank, Rita, für dieses Interview!
Wenn Ihr mehr über Rita und ihre Arbeit erfahren möchtet, schaut auf ihre Website: https://rita-messmer.ch/. Hier ein Video von ihr:
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Spannender beitrag. Wenn du sagst: "Viele Indizien weisen darauf hin, dass die berühmten Drei-Monats-Koliken im Zusammenhang damit stehen könnten, dass Babys nicht abgehalten werden." - könntest du das näher ausführen? Auf welche Indizien beziehst du dich hierbei und gibt es zu dieser Annahme Statistiken oder irgendwelche wissenschaftlichen Studien, die dies beobachten konnten?
Danke für deine Antwort, Kristina
Drei-Monats-Koliken sind in Kulturen, wo Babys abgehalten werden völlig unbekannt. Drei-Monats-Koliken - so kann man klar sagen - hängen folglich mit unserer Kultur zusammen. Die Erfahrungen hier aber haben gezeigt, dass wenn ein Baby Koliken hat und die Mutter angeleitet wird, das Baby abzuhalten, die Koliken in den allermeisten Fällen verschwinden. Das ist ein deutliches Indiz, dass es einen Zusammenhang zwischen Drei-Monats-Koliken und dem Abhalteverhalten gibt. Meine Studie hat ja auch gezeigt, dass Babys bis ca. Ende des dritten Lebensmonates entsprechende Zeichen zum Ausscheiden geben. Somit besteht ganz klar eine genetisch-biologische Anlage oder Bereitschaft für den Entwicklungsschritt der Reinlichkeit in dieser "frühen" Zeit. Das Baby ist aber klar auf die Eltern angewiesen, diesem zu entsprechen - das heisst, die Möglichkeit des Ausscheidens an einem entsprechenden Ort zu ermöglichen. Wenn die Eltern dies nicht wahrnehmen, hält das Baby zurück - es hat ja noch kein Bewusstsein für diesen Entwicklungsschritt, um zu verstehen, wieso die Eltern nicht darauf reagieren und dies führt dann zu den entsprechenden Koliken.
Da ja die Medizin nach wie vor auf ihrer Theorie besteht, dass der Entwicklungsschritt für die Reinlichkeit erst zwischen dem 18 und 36 Monat ist. Jetzt hat man das Alter sogar hinaufgeschraubt, weil auch bei der Medizin angekommen ist, dass Kinder immer länger Windeln tragen, folglich ist er laut Medizin zwischen dem 18 und 48 Monat. Da werden natürlich auch keine entsprechende Studien über Dreimonatskoliken gemacht, lieber schickt man diese Babys zur Gastroenterologin.
Wir müssen wissen, die Mühlen mahlen langsam und Wegwerfwindeln und die entsprechende Praxis ist ja ziemlich neu - und bis das bei entsprechenden Köpfen angekommen ist, welche Fehlsteuerungen damit impliziert sind - hmmmm, das scheint zu dauern...leider!
Rita Messmer
Drei-Monats-Koliken sind in Kulturen, wo Babys abgehalten werden völlig unbekannt. Drei-Monats-Koliken - so kann man klar sagen - hängen folglich mit unserer Kultur zusammen. Die Erfahrungen hier aber haben gezeigt, dass wenn ein Baby Koliken hat und die Mutter angeleitet wird, das Baby abzuhalten, die Koliken in den allermeisten Fällen verschwinden. Das ist ein deutliches Indiz, dass es einen Zusammenhang zwischen Drei-Monats-Koliken und dem Abhalteverhalten gibt. Meine Studie hat ja auch gezeigt, dass Babys bis ca. Ende des dritten Lebensmonates entsprechende Zeichen zum Ausscheiden geben. Somit besteht ganz klar eine genetisch-biologische Anlage oder Bereitschaft für den Entwicklungsschritt der Reinlichkeit in dieser "frühen" Zeit. Das Baby ist aber klar auf die Eltern angewiesen, diesem zu entsprechen - das heisst, die Möglichkeit des Ausscheidens an einem entsprechenden Ort zu ermöglichen. Wenn die Eltern dies nicht wahrnehmen, hält das Baby zurück - es hat ja noch kein Bewusstsein für diesen Entwicklungsschritt, um zu verstehen, wieso die Eltern nicht darauf reagieren und dies führt dann zu den entsprechenden Koliken.
Da ja die Medizin nach wie vor auf ihrer Theorie besteht, dass der Entwicklungsschritt für die Reinlichkeit erst zwischen dem 18 und 36 Monat ist. Jetzt hat man das Alter sogar hinaufgeschraubt, weil auch bei der Medizin angekommen ist, dass Kinder immer länger Windeln tragen, folglich ist er laut Medizin zwischen dem 18 und 48 Monat. Da werden natürlich auch keine entsprechende Studien über Dreimonatskoliken gemacht, lieber schickt man diese Babys zur Gastroenterologin.
Wir müssen wissen, die Mühlen mahlen langsam und Wegwerfwindeln und die entsprechende Praxis ist ja ziemlich neu - und bis das bei entsprechenden Köpfen angekommen ist, welche Fehlsteuerungen damit impliziert sind - hmmmm, das scheint zu dauern...leider!
Rita Messmer
Das die drei Monatskoliken nicht existieren, wenn man sein Kind abhält, kann ich nach meinem Zweiten nicht bestätigen. Keines meiner Kinder trug je eine Windel, wir haben sie vom ersten Tag abgehalten, wir hatten keinen Wagen und sie wurden nur getragen und haben nur Muttermilch bekommen. Die erste hatte keine Probleme, die zweite hatte es ziemlich schwer mit dem Bauch. Drei Monatskoliken sind vielleicht das falsche Wort, aber manche Babys haben es einfach schwer in der Anfangszeit, was die Verdauung betrifft. "Windelfrei" ist nicht überall die Wunderlösung.
Ja, ich sehe das ähnlich wie du. Die Antwort von vorhin stammt von Rita. Ich denke, es ist eher das Gesamtpaket, wie man mit den Babys umgeht, die solche "Koliken" verhindern. Oft ist es ja auch nur eine abendliche Unruhe bedingt durch die Eindrücke vom Tag, welche dann als Kolik bezeichnet wird. Ich würde es also auch nicht so nennen. Ich denke, wir können uns mit diesen Kulturen null vergleichen. Deren Lebensumstände sind so verschieden. Vielleicht ist auch die Ernährung ein Faktor, der Verdauungsproblemen vorbeugt. Wir wissen es einfach nicht...
Ich würde gerne mal mehr über diese "anderen Kulturen" erfahren. Welche Kulturen halten ihre Kinder ab? Auch in kälteren Regionen?
Welche Kleidung tragen die Kinder? Wo wird abgehalten? In der Natur oder auch auf Töpfchen? Und wo gibt es Infos und Bilder dazu, die man auch mal weiterzeigen kann? Danke für alle Antworten!
Meines Wissens wird traditionell in folgenden Teilen der Welt bzw. von folgenden Volksstämmen (eine Art von) windelfrei praktiziert: in China, Japan, Vietnam sowie allgemein in vielen ländlichen Gegenden Asiens, in grossen Teilen Afrikas, vor allem von den Digo (Kenia, Tansania) und in Senegal, sowie in Namibia, in Russland und von den Inuit (Arktis: Grönland, Russland, Kanada, Alaska). Es ist recht schwierig, Informationen darüber gesammelt zu finden. Natürlich findet man via Google einiges an Bildern und Infos. Bei Rita Messmer, Ingrid Bauer und Nicola Schmidt gibt es auch Literatur zum Thema. Auch im englischsprachigen (diaper-free oder elimination communication) findet man einiges im Internet. Und es sind ja nicht nur andere Kulturen. Es gibt viele Aufzeichnungen dafür (Geschichte der Säuglingspflege - Ingrid Bergstermann), dass auch im 19. Jahrhundert Babys abgehalten wurde. Es gibt auch Hochstühle mit einem Loch, unter das ein Topf gestellt wurde. Meine Schwiegermutter erinnert sich auch daran, dass ihre Grossmutter noch abhielt. Stoffwindeln waschen war mühsam, abhalten war einfacher... aber mit der Einführung von Wegwerfwindeln in den 70er-Jahren wurde Wickeln plötzlich zur bequemeren Variante...
Was genau heisst abhalten? Von was abhalten? Das verwirrt mich ein wenig🙈
Liebe Kathi, mit Abhalten ist gemeint, das Baby in eine Position zu bringen, in welcher es sich gut entleeren kann. Man hält es dabei mit dem Rücken zum Bauch und mit den Händen unter den Kniekehlen und stützt es so. Mehr zum Thema windelfrei findest du hier... :)