Stillen und PTBS – Erfahrungsbericht

Stillende Mama

Heute habe ich wieder eine Stillgeschichte für Euch. Dieses mal geht es um Stillen und PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung). Die Stillmama möchte anonym bleiben und mit ihrer Erfahrung andere (werdende) Mutter ermutigen, dass Stillen trotz aussergewöhnlicher psychischer Belastung funktionieren kann… Sie schreibt:

„Diese Geschichte ist eine Individuelle Erfahrung. Sie ist meine Geschichte, die meines Babys und meines Traumas. Wir führen eine Stillbeziehung zu dritt.

Ich dachte, dass ich es niemals schaffen würde zu Stillen.

Bereits in meiner ersten Schwangerschaft, die schon einige Jahre zurück liegt, zeigte sich, dass die neue ungewohnte Situation und der Hormoncocktail dafür sorgte, dass meine PTBS mehr Probleme bereitetet als erwartet. Besonders wenn die Brüste berührt wurden, auch wenn es nur das Abtrocknen nach dem Duschen war, überkamen mich viele negative Gefühle.

Damals dachte ich, dass ich es niemals schaffen würde zu Stillen. Leider kam es dann auch so, was aber weniger an meinen psychischen Problemen, als an einer schlechten Beratung und vielen Fehlinformationen lag.

Ich galt eigentlich als austherapiert

Nun, einige Jahre später, wurde ich wieder schwanger. Hatte inzwischen eine Traumatherapie hinter mir und die Hoffnung, dass es dieses Mal besser werden würde, schliesslich galt ich als austherapiert. Leider zeigte sich auch in dieser Schwangerschaft, dass Berührungen an meinen Brüsten, die alten Erinnerungen und Gefühle wieder aufwirbelten. Auch dieses Mal befahl mich die Angst, dass ich es mit dem Stillen nicht schaffen könnte, auch wenn ich es so unbedingt wollte.

Dass es beim ersten Kind nicht funktioniert hatte, beschäftigte mich sehr lange und ich fühlte mich mehrere Jahre lang wie eine Versagerin. Dieses Mal wollte ich es unbedingt besser machen, also nahm ich an einem Stillvorbereitungskurs teil und hatte viele Gespräche mit meiner Hebamme, die mir auch verschiedene Bücher empfahl.

Dann war es endlich so weit, ich war bestens vorbereitet auf die Stillbeziehung, wusste, auf was ich achten musste und was ich im Krankenhaus keinesfalls wollte. Ich stellte mir alles so toll vor und dann startete unsere Stillbeziehung mit unglaublichen Schmerzen. Bereits nach 24 Stunden waren meine Brustwarzen blutig. Die Schwestern im Krankenhaus erzählten mir, es sei normal und ich müsste da einfach durch.

Schmerzhafter Stillstart

Stillendes Baby an der Brust - Stillen und PTBS
Symbolbild zum Stillen.

Grund der blutigen Brustwarzen war ein stark verkürztes Zungen- und Lippenband (aber das ist eine andere Geschichte). Zu Hause angekommen tat jedes Anlegen nach zwei Tagen so weh, dass ich nur noch am Weinen war und meine Psyche reagierte entsprechend. Es plagten mich die schlimmsten PTBS-Gefühle, die ich seit langem hatte. Jedes Füttern meines wundervollen Babys, das sehr häufig an die Brust wollte, verursachte mir psychischen und physischen Schmerz.

Mein Mann hielt mir bei fast jedem Anlegen die Hand und redete mit mir, auch mitten in der Nacht.

Als ich dann auch noch einige Tage nur in Bademantel bekleidet durch die Wohnung lief, da die Brüste nur so heilten, erreichten die traumatischen Erinnerungen ihren Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt beschloss ich, dass ich mit meiner Hebamme darüber sprechen musste, denn diese Gefühle überdeckten jegliche Freude über dieses winzige Geschöpf. Viel mehr noch, es erschien mir, als würde mein Baby die Schuld an diesen Schmerzen tragen.

Von diesem Zeitpunkt an redeten wir jeden Tag darüber, wie es mir ging und ob ich noch genug Kraft hatte, das Stillen weiterzuführen. Mein Mann hielt mir bei fast jedem Anlegen die Hand und redete mit mir, auch mitten in der Nacht. So überstanden wir die schlimmste Zeit und ich habe es geschafft, nicht aufzugeben.

Die Schmerzen beim Stillen vergingen, die PTBS nicht

Die Schmerzen gingen schliesslich nach einigen Wochen weg, aber die PTBS-Gefühle sind geblieben. Sie sind nicht bei jedem Stillen da und manchmal vergehen auch Tage, bevor sie das nächste Mal auftreten, aber ich bin mir bewusst, dass sie ein Teil von unserer Stillbeziehung sind. Ich habe gelernt sie zu akzeptieren und sie vom Baby zu trennen. Nicht das Stillen ist schuld an meiner PTBS, sondern das was mir in der Vergangenheit angetan wurde.

Bei genauerer Betrachtung hilft mir das Stillen sogar, das Trauma noch besser zu verarbeiten. Meine Brüste haben nun eine neue Aufgabe, die sie ganz hervorragend ausfüllen: sie ernähren diesen kleinen Menschen, der jeden Tag wächst und sich so wunderbar entwickelt. Mein Körper, egal wie geschunden er war, bringt dies zu Stande und es fühlt sich grossartig an.

Es ist wichtig, Hilfe zu holen.

Ich erzähle diese Geschichte, damit ich vielleicht ein bisschen Mut machen kann, aber auch um darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig es ist, sich Hilfe zu holen. Ohne meinen Mann und meine Hebamme hätte ich es nicht geschafft. Der nächste Schritt wäre eine Beratungsstelle gewesen.

Stillen soll hier auch nicht als Heilmittel propagiert werden – nur weil es  mir geholfen hat, meinen Körper anders wahrzunehmen, muss es nicht bei anderen funktionieren. Wenn ihr mit ähnlichen Problemen zu kämpfen habt und dennoch stillen wollt, lasst euch vorher beraten und stellst sicher, dass ihr nicht alleine dadurch müsst.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei dieser unglaublich starken Stillmama, dass sie ihre Geschichte über Stillen und PTBS mit uns teilt und so anderen Mut macht. 

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Hast auch Du eine besondere, motivierend und ermutigende Stillgeschichte zu erzählen? Dann melde Dich gerne! Erging es Dir ähnlich wie der anonymen Stillmama? Kommentiere gerne mit Deinen Erfahrungen.

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