Windelfrei – das Ausscheidungsbedürfnis des Babys

Windelfrei Asiatöpfchen

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Windelfrei oder das Baby abhalten – wie geht das? Und was bringt das? Viele Eltern können mit diesen Begriffen nicht viel anfangen, dabei kann das Abhalten des Babys, mehrmals am Tag praktiziert, Erleichterung für alle bringen…

Windelfrei Baby auf Töpfchen abhalten
Quelle: www.babyglueck.ch – Klick auf’s Bild

„Windeln sind eine relativ neue Erfindung. Es lässt sich auch ganz gut ohne leben. Die natürliche Säuglingspflege – und sei sie auch nur stundenweise am Tag durchgeführt – sorgt dafür, dass das Baby das Gefühl für seine Ausscheidungen beibehält und es muss ihm später nicht mühsamst wieder antrainiert werden.“

Die allerwenigsten können mit dem Begriff windelfrei etwas anfangen. Ein Baby ohne Windeln? Wie soll das denn funktionieren? Und wie halte ich mein Baby ab? Ganz einfach. Sogar der Schweizer Kinderarzt Remo Largo beschreibt in seinem Buch „Babyjahre„, dass Babys nach der Geburt einen charakteristischen Laut von sich geben und durch motorische Aktivität darauf hinweisen, dass sie „müssen„.

Reagiert die Mutter immer wieder darauf, nimmt das Kind also hoch und hält es z.B. über ein Töpfchen, das Lavabo oder die Toilette bis es sein Bedürfnis „erledigt“ hat und begleitet diesen Prozess selber mit einem bestimmten, wortmalerischen Laut (z.B. pssch…; später kann sie es auch beim Namen nennen oder das entsprechende Babyzeichen machen), wird das Kind sich weiterhin melden, wenn es muss. Reagiert die Mutter nicht darauf, verliert sich diese Eigenschaft bald. Windelfrei ist aber sehr individuell.

Es gibt verschiedene Wege:

  • Auf die Signale des Babys reagieren (plötzliche Unruhe oder Ruhe, Strampeln, Quengeln, sich beim Tragen mit den Füssen abstossen etc.).
  • Das Baby in Standardsituationen abhalten (nach dem Schlafen und Stillen/Essen, beim Windeln wechseln, vor dem Weggehen oder nach dem nach Hause kommen etc.)
  • Nach der Uhr abhalten: es ist wieder an der Zeit für ein Pipi/Stuhlgang…
  • Auf seine Intuition hören: ich spüre, dass das Baby muss. Ich selber habe plötzlich das Gefühl, auf’s Klo zu müssen. Das Baby ist auf meinem Schoss und ich habe das Gefühl, es wird warm und nass. Daraufhin das Baby abhalten.

Windelfrei – die Norm bei Naturvölkern

Es ist zwar auch möglich, etwas ältere Kinder noch windelfrei zu bekommen, aber es setzt wohl viel Zeit und Beobachtung seitens der Mutter voraus. Und natürlich können auch der Vater, die Grosseltern und andere Bezugspersonen erkennen, wann das Kind muss und es abhalten.

Kinder in Naturvölkern tragen keine Windeln, hier kennen die Mütter nichts anderes. Beschmutzt wird hier niemand. Die Kinder werden oft den ganzen Tag getragen. Muss das Kind, wird es einfach vom Körper weg gehalten. Kinder wollen sauber sein. Keinem Kind macht es Spass, in den eigenen Ausscheidungen zu liegen. Es wäre schön, wenn mehr Eltern darauf sensibilisiert wären und auf die Zeichen ihres Kindes hören und reagieren würden.

Windelfrei Baby Asiatöpfchen

Interessant ist auch, dass es bei diesen Völkern, welche die Kinder von Geburt an windelfrei halten, das Phänomen der „3-Monats-Koliken„, das man hier so oft hört, nicht gibt. Eine Erklärung dafür: Die Kinder weinen nicht weil sie Bauchschmerzen haben sondern weil sie verzweifelt darauf aufmerksam machen wollen, dass sie „müssen“ und abgehalten werden wollen (also Windeln ab und über’s Töpfchen/WC etc. halten). Sie halten deshalb ihren Stuhl oft zurück.

Irgendwann verliert sich wie bereits erwähnt, die Kommunikation; das Kind hat resigniert und macht fortan in die Windeln so wie es auch resigniert wenn man es alleine im Bettchen schreien lässt. Die Eltern glauben dann fälschlicherweise: Toll, das Kind hat gelernt, alleine zu schlafen.

Hilfmittel für „windelfrei“

Kinder, die windelfrei aufwachsen, werden manchmal speziell gekleidet. In Asien z.B. gibt es sogenannte Split Pants, die einen Schlitz im Schritt haben. Unterwegs benutzen Mütter gerne ein „Asia-Töpfchen„. Manche Mütter benutzen aber auch schlicht Windeln oder benutzen in der Nacht Windeln. Wie man windelfrei pflegt, ist ganz individuell. Selbstverständlich gibt es auch bei uns schon viele Anbieter spezieller Windelfrei-Kleidung.

Windelfrei wird auch mit den Begriffen natürliche Säuglingspflege, topffit oder Ausscheidungskommunikation„(engl. elimination communication) umschrieben.

Vorteile von windelfrei bzw. abhalten

  • Kommunikation und Bindung wird gefördert, die Bedürfnisse des Kindes wahrgenommen.
  • Das Baby fühlt sich wohler ohne „dicken“ Windelpo; die Motorik wird gefördert; Krabbeln, Sitzen und Laufen geht ohne Windeln viel besser (und eher)
  • Roter Po oder Ausschlag? Mit windelfrei kein Thema!
  • Hygiene
  • Spart Geld und schont die Umwelt
  • Windelfreie Babys sind viel zufriedener und weinen weniger weil ihr Ausscheidungsbedürfnis von Anfang an wahrgenommen wird
  • Es ist nicht nötig, das Kind später daran zu gewöhnen, nicht in die Windeln (später Unterwäsche) zu machen.
  • Auch Babys, die nur eine Zeit lang abgehalten wurden, sind oft früher sauber als andere Kinder.

Popins Zum Thema „windelfrei“ gehört auch das Thema Stoffwindelndenn oft wird beides kombiniert. Informationen darüber findet Ihr unter „Weiterführendes„.
Viele stellen sich bei dem Begriff noch die klassische Mullwindel („Nuscheli„) vor, wie sie noch vor Jahren benutzt wurde. Weit gefehlt. Stoffwindeln sind heute nicht mehr kompliziert oder „öko„. Sie sind so einfach anzulegen wie eine Pampers und haben den schönen Nebeneffekt, Geld zu sparen und natürlich Abfall…

Mehr über windelfrei ab Geburt…

Lest mal über meinen ganz persönlichen Start mit einem windelfreiem Baby und wie es mit einem 19 Monate alten Kind funktionieren kann, zumindest zuhause. Und dann habe ich noch verschiedene Erfahrungsberichte von Windelfrei-Eltern gesammelt – schaut mal rein! 🙂 Lesenswert ist auch mein Interview mit Windelfrei-Pionierin Rita Messmer.

Hier durfte ich Gastbeiträge zum Thema beisteuern:

Buchtipps zum Thema windelfrei und abhalten:

Comments · 5

  1. „Interessant ist auch, dass es bei diesen Völkern, welche die Kinder von Geburt an windelfrei halten, das Phänomen der „3-Monats-Koliken„, das man hier so oft hört, nicht gibt.“
    Das ist eine sapnnende Behauptung. Worauf stützt du dich in dieser Aussage? Gibt es dazu Daten? Also ist das belegt oder eine reine Annahme aus deinem bekannten-/Erfahrungskreis?
    Freue mich auf deine Antwort! Kristina

    1. Kannst Du das bitte ausführen? Hast Du entsprechende Belege? Ich habe das Gefühl, dass Du den Beitrag nur quer gelesen und nicht verstanden hast oder willst Du etwa 80% der Weltbevölkerung einen psychologischen Schaden attestieren?

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